Müller-Hof Newsletter – September 2023
art – AktuelleRechtsTipps
Vertragsrecht: Der Weg zu Rücktritt und Minderung
Immer wieder kommt es vor, dass sich die Beschaffenheit einer Kaufsache im Nachhinein als mangelhaft herausstellt. In der Praxis tritt dies z.B. häufig beim Gebrauchtwagenkauf auf. Nicht selten ist dieser Umstand so gravierend, dass man sich als Käufer wünscht, den gegenständlichen Kaufvertrag am liebsten niemals abgeschlossen zu haben und die mangelhafte Sache sofort wieder loszuwerden.
Doch leider räumt der Gesetzgeber Käufern nur für die Rückabwicklung von Fernabsatzverträgen (z.B. online-Vertragsabschluss) ein vierzehntägiges Widerrufsrecht ab der Warenlieferung ein, aber auch nur, sofern es sich beim Käufer um einen Verbraucher (§ 13 BGB) handelt.
Unternehmer und vor Ort kaufende Verbraucher haben jedoch kein solches Widerrufsrecht. Sie sind auf die Geltendmachung ihrer gesetzlichen Mangelrechte im Kaufrecht angewiesen. Dabei haben die Käufer wichtige Dinge zu beachten, um am Ende nicht auf einer mangelhaften Kaufsache (nebst Kosten der fehlerhaften Sachmängelrüge) sitzen zu bleiben.
Zunächst gilt es für die Käufer die richtige Reihenfolge der Sachmängelgewährleistungsrechte einzuhalten. Diese besagt grundsätzlich, dass der Käufer dem Verkäufer erst einmal ein Recht zur Nacherfüllung einräumen muss, bevor ein wirksamer Rücktritt oder eine wirksame Kaufpreisminderung stattfinden kann. Dies wird in der Praxis gerne vergessen. Stattdessen wird oft seitens der Käufer voreilig direkt nach Feststellung des Mangels der Rücktritt vom Kaufvertrag oder eine Kaufpreisminderung erklärt. Das ist jedoch nicht wirksam.
Eine Ausnahme vom Erfordernis, zunächst die Nacherfüllung zu ermöglichen, gilt nur, wenn es sich um einen nicht behebbaren Mangel handelt. Nicht immer kann allerdings der Käufer zutreffend einschätzen, ob der Mangel behebbar ist oder nicht. Im Zweifel sollte er den Verkäufer zur Nacherfüllung auffordern, um diesem die Beurteilung zu überlassen. Hält der Verkäufer den gegenständlichen Mangel für nicht behebbar, wird er die Nacherfüllung ablehnen, woraufhin der Käufer im nächsten Schritt wirksam vom Kaufvertrag zurücktreten oder den Kaufpreis mindern kann.
Im Zuge des grundsätzlich vorrangigen Nacherfüllungsverlangens hat der Käufer den Verkäufer zunächst auf den Mangel der Kaufsache hinzuweisen und diesem eine angemessene Frist zu dessen Beseitigung einzuräumen. Die Nacherfüllung kann dabei nach Wahl des Verkäufers durch eine Beseitigung des Mangels der ursprünglichen Kaufsache erfolgen (Reparatur) oder durch Lieferung einer gleichartigen mangelfreien Kaufsache (Neulieferung). An dieser Stelle kann auch eine unangemessen kurz bemessene Nacherfüllungsfrist zum Scheitern der im Folgenden ausgeübten Gestaltungsrechte führen.
Sofern der Verkäufer die geforderte Nacherfüllung nicht endgültig verweigert, sondern sie versucht, muss der Käufer bei Erfolglosigkeit noch zu einem zweiten Nacherfüllungsversuch auffordern, bevor schließlich bei immer noch bestehendem Mangel ein Rücktritt oder eine Kaufpreisminderung möglich sind.
Grundsätzlich gilt: Erst nachdem der Käufer dem Verkäufer zwei Nacherfüllungsversuche unter einer angemessenen Fristsetzung gewährt hat und ein Mangel der Kaufsache immer noch fortbesteht, kann der Käufer einen wirksamen Rücktritt erklären oder eine wirksame Kaufpreisminderung vornehmen.
Dabei mag es den Käufer zumindest trösten, dass er die seinerseits getätigten Aufwendungen, um eine Nacherfüllung zu ermöglichen, vom Verkäufer ersetzt verlangen kann. Darunter fallen beispielweise Fahrtkosten, um ein mangelhaftes Fahrzeug zur Nacherfüllung in die Werkstatt des Verkäufers zu bringen.
Die Rechte und Pflichten bei Sachmängeln können allerdings im Kaufvertrag oder den AGB etwas modifiziert sein. Das ist im Einzelfall zu beachten.