Müller-Hof Newsletter – Juni 2022
art – AktuelleRechtsTipps
Gesellschaftsrecht: Uneinigkeit über Klage gegen den Fremd-Geschäftsführer
GmbH-Geschäftsführer haben in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns anzuwenden. Wenn sie dabei ihre Pflichten verletzen, haften sie der GmbH für den entstandenen Schaden.
Nach einem aktuellen Urteil des BGH (25.01.2022, II ZR 50/20) soll bei mehreren Gesellschaftern ein einzelner Gesellschafter grundsätzlich nicht „im Alleingang“ (also im eigenen Namen) die Ansprüche der GmbH gegen den Fremdgeschäftsführer geltend machen dürfen.
Aufgrund der Formulierung „grundsätzlich“ ist annehmen, dass der BGH zu diesem Grundsatz Ausnahmen zulässt. Diese Ausnahmen sind von großer praktischer Bedeutung in Konstellationen, in denen sich die Gesellschafter der GmbH nicht einig sind, ob der Fremdgeschäftsführer gerichtlich in Anspruch genommen werden soll.
Das übliche Vorgehen einer Inanspruchnahme des Fremdgeschäftsführers durch die GmbH läuft über eine vorangehende Beschlussfassung der GmbH. Damit wird formal das „Go“ der GmbH zur Klageerhebung gegeben. Wenn aber z.B. der Minderheitsgesellschafter eine Inanspruchnahme des Fremdgeschäftsführers verlangt, der Mehrheitsgesellschafter dies aber ablehnt (vielleicht weil er mit dem Fremdgeschäftsführer „unter einer Decke steckt“), müsste der Minderheitsgesellschafter zunächst über den Klageweg einen entsprechenden Beschluss erwirken, um dann in einem weiteren Schritt eine Klage der GmbH gegen den Fremdgeschäftsführer zu führen.
Dieser Weg ist nicht nur zeit- und kostenintensiv. Es besteht auch die Gefahr, dass die Ansprüche gegen den Fremdgeschäftsführer inzwischen verjähren, da ein GmbH-internes „Gerangel“ zur Frage der Geltendmachung der Ansprüche und eine gerichtliche Klärung dieses internen Streits nicht zu einer Hemmung der Verjährung führen.
Der BGH hat in dem zugrundeliegenden, sehr komplexen Fall die direkte Gesellschafterklage abgelehnt. Auch im Übrigen steht der BGH einer direkten Gesellschafterklage eher ablehnend gegenüber.
Interessant für die Praxis ist aber die Tatsache, dass das Urteil die Möglichkeit von Ausnahmen in besonderen Konstellationen ausdrücklich offenlässt. Welche dies sein können, lässt der BGH in seinem Urteil allerdings unbeantwortet. Diese Frage wird daher in der Fachliteratur derzeit diskutiert. In Betracht gezogen wird eine solche Ausnahmesituation unter anderem in Fällen, in denen ein abgestimmtes Verhalten zwischen dem Fremdgeschäftsführer und dem Mehrheitsgesellschafter vorliegt, diese also „gemeinsame Sache“ gemacht haben. In einem solchen Fall kann also durchaus erwogen werden, den direkten Weg über eine Klage des Minderheitsgesellschafters für die GmbH zu versuchen