Müller-Hof Newsletter – März 2023
art – AktuelleRechtsTipps
Gesellschaftsrecht: Registerinhalt ist neuerdings ganz einfach einsehbar
Seit August 2022 kann jeder in sämtliche Einträge des deutschen Handels-, Genossenschafts-, Partnerschafts- und Vereinsregister Einsicht nehmen – und zwar online, ohne jegliche Registrierung und überdies noch kostenlos (www.handelsregister.de).
Damit sind Informationen wie Namen, Adressen, Geburtsdaten, teilweise Kontonummern, Unterschriften und andere sensible Informationen aus dem Gesellschafter- und Geschäftsführerkreis für jedermann nur „ein paar Klicks entfernt“. Dabei ist zu beachten, dass nicht nur aktuelle Dokumente abrufbar sind, sondern auch historische Dokumente.
Nach wie vor fordern Datenschützer technische und organisatorische Maßnahmen, um die Möglichkeiten einer missbräuchlichen Verwendung zu beschränken und nicht mehr erforderliche Daten zu löschen. Als eine Reaktion darauf ist im Dezember 2022 eine Änderung der Handelsregisterverordnung in Kraft getreten. Darin wird klargestellt, dass nur Dokumente, deren Einreichung durch besondere gesetzliche Vorschriften vorgeschrieben ist, in das digitale Handelsregister aufgenommen werden sollen, somit z.B. keine Ausweiskopien. Auch Erbscheine, Erbverträge, öffentliche Testamente, Europäische Nachlasszeugnisse und sonstige Dokumente, die nach § 12 Abs. 1 Satz 5 HGB eingereicht werden, sollen nicht in den Registerordner aufgenommen werden. Denn die Einsicht in diese Unterlagen ist für den Rechtsverkehr nicht notwendig.
Dies hilft den Betroffenen derzeit noch wenig: Register fallen in die Zuständigkeit der Bundesländer. Durch die Handelsregisterverordnung wurde ein rechtlicher Rahmen vorgegeben, die konkrete Ausgestaltung muss durch die Bundesländer erfolgen.
Auch gestaltungstechnisch gewähren so manche Dokumente, vor allem Gesellschaftsverträge, Einblicke in das Unternehmen, die gerade nicht für unternehmensfremde Augen gedacht sind. Bereits bei gesellschaftsrechtlichen Gestaltungen sollte man überlegen, ob es Möglichkeiten gibt, sensible Regelungen auszulagern. So ist z.B. bei einer GmbH die Satzung grundsätzlich über das Handelsregister vollständig abrufbar. Gibt es Regelungsbedarf, der nicht unbedingt öffentlich bekannt sein soll, besteht die Möglichkeit, bestimmte Thematiken in zusätzlichen Vereinbarungen als nicht publizitätspflichtige Nebenabreden abzuschließen („Schattensatzung“).
Oftmals besteht gerade bei Familiengesellschaften ein dahingehendes Bedürfnis – allerdings in unterschiedlichen Ausprägungen, wie zwei praktische Beispiele zeigen: Bei dem Gesellschaftsvertrag eines Hamburger Kaffeeherstellers handelt es sich um eine eher wortkarge Standard-GmbH-Satzung. Die Vermutung von umfangreichen Nebenabreden liegt daher nahe. Ganz anders dagegen ehemals der Vertrag einer österreichischen Sportwagen Holding GmbH, deren weitschweifende Regelungen zum Binnenverhältnis der Gesellschafter nicht weniger als 107 Seiten füllten.
Wir empfehlen deshalb zum einen zu prüfen, welche Unterlagen über Ihr Unternehmen derzeit im Register öffentlich zugänglich sind. Veranlassen Sie nach Möglichkeit bereits jetzt einen Austausch von Dokumenten, in denen nicht erforderliche sensible Daten enthalten sind.
Zum anderen sollte zukünftig bei Satzungsgestaltungen berücksichtigt werden, dass diese öffentlich einsehbar sein werden. Es kann sinnvoll sein, bestimmte Regelungen in ein nicht publizitätspflichtiges Dokument auszulagern.