Müller-Hof Newsletter – September 2022
art – AktuelleRechtsTipps
Gesellschaftsrecht: Online-Gründung von GmbHs und UGs
Seit August 2022 ermöglicht es das „Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie“ (DiRUG), dass die Bar-Gründung einer GmbH oder einer Unternehmergesellschaft von zu Hause oder aus dem Büro möglich ist. Bisher war es erforderlich, dass die Gründer (oder entsprechend bevollmächtigte Vertreter) persönlich einen Notar aufsuchten.
Auf die Beteiligung eines Notars wird aber durch das DiRUG nicht verzichtet. Dies vor allem, um z.B. den Schutz vor Geldwäsche und Identitätsbetrug zu gewährleisten. Vielmehr findet der Beurkundungstermin virtuell statt. Sämtliche beurkundungsbedürftigen Willenserklärungen der Beteiligten werden über ein besonders gesichertes Videokommunikationssystem abgegeben. Die Bundesnotarkammer hat ein Erklärvideo zum Ablauf online bereitgestellt.
Auch wenn sich Gründer nach wie vor den Notar nicht völlig frei aussuchen können, bringt das DiRUG mehr Möglichkeiten für die Auswahl eines „Online-Notars“: Es kann neben einem Notar, in dessen Amtsbereich der künftige Gesellschaftssitz liegt, auch ein Notar am Wohnsitz bzw. Sitz eines künftigen Gesellschafters sein.
Nicht nur Gründungen, sondern auch notarielle Beglaubigungen von Registeranmeldungen sind nunmehr bei Einzelkaufleuten und Kapitalgesellschaften online möglich, wie z.B. die Anmeldung eines neuen Geschäftsführers oder einer neuen Geschäftsadresse.
Auch für schon bestehende GmbHs, die bislang für die Beschlussfassung kein elektronisches Verfahren vorgesehen haben, bringen die neuen Regelungen Vorteile: Eine Satzungsregelung, die Beschlüsse via Zoom, Teams etc. ausdrücklich vorsieht, ist dann nicht mehr zwingend erforderlich. § 48 Absatz 1 Satz 2 GmbHG erlaubt nun auch dann „Online-Gesellschafterversammlungen“, wenn sich alle Gesellschafter in Textform (z.B. E-Mail) damit einverstanden erklären. Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Satzung solche Versammlungen ausdrücklich verbietet. Eine solche Regelung ist aber selten.
In einem Jahr (01.08.2023) wird das notarielle Online-Verfahren nochmals erweitert. Ab dann werden online auch möglich sein:
- Sachgründungen einer GmbH (Ausnahme: Sachgründungen unter Einbringung von Gegenständen, deren Übertragung selbst beurkundungspflichtig ist wie bei Grundstücken oder GmbH-Anteilen)
- Änderungen eines GmbH-Gesellschaftsvertrags, einschließlich Kapitalmaßnahmen (sofern einstimmige Beschlussfassung erfolgt)
- Anmeldungen zum Vereinsregister.
Die längst überfälligen gesetzlichen Regelungen sind in einer immer stärker digitalisierten Welt eindeutig als „Schritt in die richtige Richtung“ zu werten. Der zeitlich abgestufte Anwendungsbereich der Online-Gründung lässt aber auch vermuten, dass der Gesetzgeber bei der „virtuellen Beurkundung“ zunächst noch eine Anlauf-Phase für erforderlich hält. Insofern sollte jeder für sich entscheiden, ob er schon jetzt die Online-Verfahren ausprobieren mag oder lieber zunächst noch auf das herkömmliche Verfahren setzt.