Müller-Hof Newsletter – September 2023
art – AktuelleRechtsTipps
Familienrecht: Getrennt und doch nicht getrennt
Während der Ehe sind sich die Eheleute meist noch über die Art und Weise der steuerlichen Veranlagung einig. Dies ändert sich meist dann, wenn die Eheleute getrennt leben.
Nach dem Gesetz kann zwischen Einzel- und Gesamtveranlagung gewählt werden, wenn die Voraussetzungen zu Beginn des Veranlagungszeitraums vorgelegen haben oder in dessen Verlauf eingetreten sind. Daher besteht bis zum Ablauf des Kalenderjahres, in dem die dauerhafte Trennung vollzogen ist, das Wahlrecht. Erfolgt die Trennung beispielsweise im Februar 2022, so kann für das Jahr 2022 noch die gemeinsame steuerliche Veranlagung gewählt werden. Für das Jahr 2023 ist eine gemeinsame steuerliche Veranlagung nicht mehr möglich. Es muss die getrennte steuerliche Veranlagung gewählt werden.
Obwohl die gemeinsame steuerliche Veranlagung meist steuerliche Vorteile mit sich bringt, möchte mancher Ehegatte nicht nur räumlich vom anderen Ehepartner getrennt sein, sondern auch steuerlich. Er wählt dann in der Praxis oft im Wege des Alleingangs die Einzelveranlagung. Diese kann für den anderen Ehegatten zu steuerlichen Nachteilen führen. Ehegatten sind nach den Vorstellungen des Gesetzgebers verpflichtet, die finanziellen Lasten des anderen Ehegatten so gering wie möglich zu halten. Die Grenze findet sich erst dort, wo eigene Interessen verletzt werden. Daher sind Ehegatten verpflichtet, in die steuerliche Veranlagung einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerlast des anderen Ehegatten gemindert wird. Die Zustimmung kann davon abhängig gemacht werden, dass sich der durch die gemeinsame steuerliche Veranlagung begünstigte Ehegatte verpflichtet, hieraus erwachsende Nachteile zu kompensieren.
Verweigert ein Ehegatte die Zustimmung zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung, so hat der andere Ehegatte hierauf einen klagbaren Anspruch.
Oftmals fällt der steuerliche Nachteil erst dann auf, wenn der Steuerbescheid vorliegt und eventuell sogar schon bestandskräftig ist. Das Wahlrecht endet aber nicht mit dem Steuerbescheid, sondern kann auch noch nach Erlass des Steuerbescheides ausgeübt werden.
Unstimmigkeiten der steuerlichen Veranlagung können durch eine geschickte Formulierung in einer Trennungs- und Scheidungsvereinbarung bereits aus dem Weg geräumt werden, indem sich ein Ehepartner zur gemeinsamen steuerlichen Veranlagung verpflichtet und der andere zusichert, hieraus entstehende steuerliche Nachteile zu ersetzen.