Müller-Hof Newsletter – Juni 2021
art – AktuelleRechtsTipps
Erbrecht: Vorsorgevollmacht
Vollmachten im Allgemeinen können sich auf alle Lebensbereiche erstrecken und den Bevollmächtigten berechtigten, über vermögensrechtliche und persönliche Fragen des Vollmachtgebers zu entscheiden. Wenn ein solches Dokument in wirtschaftlicher und persönlicher Hinsicht alle Aufgabenbereiche des täglichen Lebens umfasst, so spricht man von einer Generalvollmacht.
Eine Vorsorgevollmacht liegt dann vor, wenn die Vollmacht aus Gründen einer späteren Handlungs- und Entscheidungsunfähigkeit (d.h. Betreuungsbedürftigkeit) aufgrund von Alter, Krankheit oder Unfall des Vollmachtgebers erteilt wird. Sie kann auch über den Tod des Vertretenen hinaus gelten („transmortale Vorsorgevollmacht“).
Neben der inhaltlichen Gestaltung eines solchen Dokuments sollte auch auf die passende Form geachtet werden. Im Grundsatz ist man zwar bei der Erteilung einer solchen Vollmacht nicht an besondere Formen gebunden. Zumindest sollte aber eine Vollmacht schriftlich erteilt werden – dies schon aus Gründen der Rechtssicherheit.
Soll die Vollmacht allerdings zum Tätigwerden gegenüber dem Grundbuchamt oder dem Handelsregister ermächtigen, so bedarf es für diese Urkunde der öffentlich beglaubigten Form. Eine derartige Beglaubigung kann prinzipiell nicht nur vom Notar, sondern gegen eine geringe Gebühr (ca. EUR 10,00) auch durch die Betreuungsbehörde vorgenommen werden.
Als „sicherste Form“ einer Vorsorgevollmacht gilt die notariell beurkundete Vorsorgevollmacht. Vorteil dieser Form ist, dass der Notar sich vor der Beurkundung der Vollmacht von der Geschäftsfähigkeit des Vollmachtgebers überzeugt. Außerdem hat eine notariell beurkundete Vorsorgevollmacht im Rechtsverkehr eine erhöhte Beweiskraft. Da die notariellen Kosten einer Beurkundung deutlich über den Kosten liegen, die bei einer Beglaubigung durch die Betreuungsbehörde anfallen, sollte jeweils für den Einzelfall geprüft werden, welche Form ratsam ist.
Der BGH hat kürzlich nochmals bestätigt, dass die Beglaubigung von Vorsorgevollmachten bei der Betreuungsbehörde ausreichend ist für Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt gem. § 29 GBO. Lange streitig war nämlich die Frage, ob diese recht einfache und kostengünstige Möglichkeit auch für Vorsorgevollmachten gilt, die über den Tod des Vertretenen hinaus Gültigkeit haben sollen. Die Gültigkeit bestätigt der BGH in seiner Entscheidung vom 12.11.2020 (BGH V ZB 148/19).
Weniger erfreulich ist die Tatsache, dass aufgrund des neuen Gesetzes zur Reform des Vormundschafts- und Betreuungsrechts vom 04.05.2021, welches am 01.01.2023 in Kraft treten wird, diese praktikable Vorgehensweise in Bezug auf transmortale Vorsorgevollmachten stark beschränkt werden wird.
Fazit: Vorsorgevollmachten sind ein effektives Mittel, um nicht nur zu Lebzeiten der gerichtlichen Anordnung einer Betreuung entgegenzuwirken. Sie sind auch ein praktikables Mittel, um über den Tod hinaus dem jeweiligen Bevollmächtigten ein Dokument „an die Hand zu geben“, um die nötigsten Nachlassangelegenheiten im Sinne des Verstorbenen schnell und einfach zu regeln.
Sowohl der Inhalt einer Vorsorgevollmacht als auch die Wahl der passenden Form sollte möglichst „maßgeschneidert“ sein, um im Vorsorgefall unangenehme Überraschungen zu vermeiden.