Müller-Hof Newsletter – März 2023
art – AktuelleRechtsTipps
Baurecht: Vorsicht bei der Abnahme von Bauleistungen
Die Abnahme im Bauvertrag ist neben der Unterzeichnung des Bauvertrages der wichtigste Zeitpunkt im gesamten Bauablauf. Mit der Abnahme gilt das Bauvorhaben als beendet und die Gewährleistungsfrist beginnt zu laufen. Das Risiko für Bauschäden geht auf den Bauherrn über. Der Unternehmer hat ein hohes Interesse daran, die Abnahme so schnell und so kurz wie möglich zu gestalten. So mancher Bauherr lässt sich hiervon mitreißen und unterzeichnet das Abnahmeprotokoll ohne sorgfältige Prüfung der Bauleistung und teilweise sogar ohne Begleitung/Beratung durch einen Bausachverständigen.
Dies hat sich in einem vom OLG Hamburg (Urteil vom 03.05.2022, Az. 4 U 13/21, Nichtzulassungsbeschwerde beim BGH zurückgenommen) zu entscheidenden Fall nachteilig für den Bauherrn ausgewirkt. Ein Unternehmer hatte den Auftrag zur Durchführung von Sanierungsarbeiten nach einem Brandschaden erhalten. Nach Durchführung der Arbeiten und nach der vorbehaltlos erklärten Abnahme verweigerte der Bauherr die Bezahlung der Rechnung und behauptete, dass die Wandflächen mangelhaft verputzt seien und sie deshalb nachgearbeitet werden müssten. Der Unternehmer verklagte den Bauherrn auf den noch offenen Restwerklohn. Der Bauherr hat den Prozess verloren, da die von ihm monierten Putzmängel bei der Abnahme derart offensichtlich waren, dass sie nicht übersehen werden konnten. Er hatte somit positive Kenntnis von dem Mangel.
Wenn der Bauherr eine Leistung vorbehaltlos abnimmt, obwohl er einen Mangel kennt bzw. dieser offensichtlich ist, verliert er die ihm zustehenden Mängelansprüche. Aufgrund dessen musste der Bauherr in dem Fall den vollen Werklohn bezahlen, obwohl der Unternehmer mangelhaft gearbeitet hatte. Eine Minderung des Werklohns war nicht möglich.
Vor diesem Hintergrund ist dem Bauherrn immer anzuraten, die Arbeiten sorgfältig zu prüfen, sich durch eine fachkundige Person beraten zu lassen und die notwendigen Vorbehaltserklärungen abzugeben. Hier gilt der Grundsatz: Lieber ein Vorbehalt zu viel als einer zu wenig.