Müller-Hof Newsletter – Juni 2023
art – AktuelleRechtsTipps
Baurecht: Keine Vergütung bei fehlender Widerrufsbelehrung
Schon länger droht, dass die Missachtung der verbraucherschützenden Informationspflichten für Architekten, Fachplaner, Bauunternehmen und Handwerker zum finanziellen Fiasko werden kann. Nun hat sich auch der Europäische Gerichtshof mit dieser Rechtsfrage beschäftigt und bestätigt in einem ganz aktuellen Urteil (EuGH-Urteil vom 17.05.2023, Az. C-97/22) die harte Linie des Bundesgerichtshofes.
Der Auftraggeber schloss im Oktober 2020 mit einem Unternehmen mündlich außerhalb von Geschäftsräumen einen Vertrag über die Erneuerung der Elektroinstallation in seinem Haus, ohne über sein Widerrufsrecht unterrichtet zu werden. Nach Abschluss der Arbeiten stellte das Unternehmen seine Rechnung, welche der Auftraggeber aber nicht bezahlte. Der Auftraggeber widerrief vielmehr den Vertrag. Daraufhin erhob das Unternehmen Klage auf Zahlung des offenen Werklohns und vertrat die Auffassung, dass trotz des Widerrufs ein Anspruch auf Zahlung des Werklohnes bestehe. Denn der Ausschluss des Zahlungsanspruches würde eine unverhältnismäßige Sanktion darstellen.
Der EuGH verneint diese Ansicht und stellt klar, dass der Verbraucher im Falle eines Widerrufs von jeglicher Verpflichtung aus dem Vertrag befreit wird, wenn der Unternehmer es vor Abschluss eines Vertrags außerhalb von Geschäftsräumen unterlassen hatte, einem Verbraucher die in Art. 6 Abs. 1 h oder j der Richtlinie genannten Informationen bereitzustellen. Der so vom Verbraucher erzielte Vermögenszuwachs läuft auch nicht dem Grundsatz des Verbots ungerechtfertigter Bereicherung entgegen. Die maßgebliche EU-Richtlinie verfolgt den Zweck, gemäß ihrem Art. 1 ein hohes Verbraucherschutzniveau sicherzustellen. Das Unternehmen ging also trotz erbrachter Leistungen leer aus.
Die Widerrufsbelehrung ist und bleibt daher ein wichtiger Punkt beim Abschluss von Verträgen mit Verbrauchern. Des Weiteren sollten Vertragsabschlüsse außerhalb von Geschäftsräumen, z.B. auf Baustellen oder vor Ort bei den Verbrauchern, vermieden werden. Darauf sollte sich die Praxis unbedingt einstellen.
Verbraucher müssen allerdings beachten, dass im Falle eines Widerrufes im Gegenzug hierzu auch keinerlei Mängelrechte bestehen.