Müller-Hof Newsletter – Dezember 2024

art – AktuelleRechtsTipps

Arbeitsrecht: Befristung zur Vertretung

Eine Befristung eines Arbeitsvertrages ist ohne sachlichen Grund nur für die Dauer von insgesamt zwei Jahren zulässig. Denkbar sind auch mehrfache Verlängerungen bis zu dieser Gesamtdauer, wobei allerdings im Zusammenhang mit der Verlängerung keinerlei inhaltliche Änderung erfolgen darf. Weitere Voraussetzung der sachgrundlosen Befristung ist, dass zuvor noch nie ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden hat.

Flexibler ist die Befristung mit sachlichem Grund, weil dafür keine Höchstgrenze und kein „Vorbeschäftigungsverbot“ gilt. Neben der Befristung wegen nur vorübergehenden Bedarfs hat vor allem die Befristung zur Vertretung große Praxisrelevanz.

Ist eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer in Elternzeit, kann für die Dauer der vorübergehenden Abwesenheit ein Vertreter befristet eingestellt werden.

Auch bei längerer Krankheit ist eine befristete Vertretung möglich. Da allerdings die Krankheitsdauer meist nicht vorhergehsehen werden kann, empfiehlt sich hier die „Zweckbefristung“ bis zur Rückkehr des kranken Mitarbeiters – wann auch immer das sein wird. Soweit die Voraussetzungen für eine sachgrundlose Befristung vorliegen (siehe oben), könnte diese Zweckbefristung auch mit einer Höchstbefristung auf z.B. maximal zwei Jahre kombiniert werden.

Bei diesen Vertretungsbefristungen ist nicht zwingend erforderlich, dass der Vertreter die identischen Aufgaben übernimmt. Denkbar wäre auch eine Umverteilung der Aufgaben unter Einbeziehung einer weiteren Person, solange ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen dem Ausfall einer Arbeitskraft und dem Einsatz der befristeten Vertretung besteht.

Über einen etwas ungewöhnlichen Fall hat das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 12.06.2024 (Az. 7 AZR 188/23) entschieden. Der klagende Paketzusteller hatte bereits über mehrere Jahre vier befristete Verträge, zuletzt befristet bis zum 30.04.2022. Dann erhielt er am 27.04.2022 einen weiteren befristeten Vertrag bis 28.05.2022 zur Vertretung, weil vier seiner Kollegen nacheinander wochenweise Urlaub hatten. Allerdings hatte sich der Paketzusteller bereits am 23.04.2022 bei der Arbeit einen Nabelbruch zugezogen, weshalb eine Operation anstand und er zunächst bis 08.05.2022 krankgeschrieben war. Aufgrund weiterer Folgebescheinigungen war er schließlich im gesamten Vertretungszeitraum arbeitsunfähig, konnte also die vorgesehene Vertretung gar nicht erbringen. Deshalb machte der Paketzusteller gerichtlich geltend, der Befristungsgrund sei nur vorgeschoben und die Befristung unwirksam.

Das BAG bestätigte, dass die erforderliche Kausalität zwischen dem Ausfall der Stammkraft und der Einstellung der Vertretungskraft fehlen kann, wenn bereits bei Vertragsabschluss feststeht, dass der Vertreter während des gesamten Vertretungszeitraums die von ihm geschuldete Arbeitsleistung wegen Arbeitsunfähigkeit nicht erbringen kann und dies dem Arbeitgeber bekannt ist.

Allerdings ergab sich aus der bei Vertragsverlängerung vorliegenden Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nur eine voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit des Klägers bis 08.05.2022, also nur ca. ein Viertel der streitgegenständlichen Befristungsdauer. Zwar soll nach den Richtlinien im Regelfall eine Arbeitsunfähigkeit nur für maximal zwei Wochen attestiert werden, im Ausnahmefall wäre dies aber bis zu einem Monat zulässig gewesen, wenn für den Arzt tatsächlich eine deutliche längere Ausfalldauer absehbar gewesen wäre. Dass sich aus einer WhatsApp-Mitteilung des Paketzustellers über seine Art der Verletzung und die anstehende Operation ausreichende Anhaltspunkte für eine deutlich längere Ausfalldauer ergeben hätten, verneinte das BAG. Somit habe der Arbeitgeber bei Abschluss der Vertragsverlängerung nicht gewusst, dass der klagende Paketzusteller im gesamten Vertretungszeitraum krank sein würde. Vielmehr habe er aufgrund der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eine Genesung ab dem 09.05.2022 annehmen dürfen. Der vorgesehene Befristungszweck hätte aus Sicht des Arbeitgebers bei Vertragsabschluss weitgehend erfüllt werden können, der Befristungsgrund sei deshalb nicht nur vorgeschoben. Deshalb wurde die Befristung als wirksam angesehen.

Infos aus unserer Kanzlei: