Müller-Hof Newsletter – Juni 2019
ars – aktuelles aus Recht und Steuern
Arbeitsrecht: Änderungen bei Aushilfen und Geringverdienern
Es ist gesetzlich zulässig, „Arbeit auf Abruf“ zu vereinbaren. Arbeitszeit und Vergütung richten sich dann nach dem tatsächlichen Arbeitsanfall. Allerdings muss dabei eine bestimmt (Mindest-)Dauer der täglichen und wöchentlichen Arbeitszeit festgelegt werden. Ohne eine solche Festlegung, also bei völlig freibleibender Vertragsgestaltung, galt bisher eine Arbeitszeit von 10 Wochenstunden. Seit 2019 sind es nach § 12 Teilzeit- und Befristungsgesetz 20 Wochenstunden.
Solch flexible Verträge „auf Abruf“ finden sich vor allem bei geringfügig beschäftigten Aushilfen („Minijobs“). Der neue Wert von 20 Wochenstunden (wenn nichts anderes vereinbart wurde) führt jedoch in Kombination mit dem Mindestlohn zu einer deutlichen Überschreitung der Grenze der geringfügigen Beschäftigung von EUR 450,00 monatlich und damit zu Sozialversicherungspflicht.
Ein besonderes Risiko ergibt sich daraus, dass die Sozialversicherungsträger die Beiträge aus dem Entgelt berechnen, das die Arbeitnehmer beanspruchen können, auch wenn sie es tatsächlich nicht erhalten. Als Folge ist dann neben Beitragsnachzahlungen auch noch mit entsprechenden Entgeltnachforderungen zu rechnen.
Deshalb ist zu empfehlen, von allzu flexiblen Gestaltungen abzusehen und stattdessen eine wöchentliche oder monatliche (Mindest-)Arbeitszeit zu regeln und eventuell zusätzlich mit einem Zeitkonto für Plus- und Minusstunden zu arbeiten. Bei nur sporadisch eingesetzten Kräften sollten Befristungen in Betracht gezogen werden, die allerdings jeweils schriftlich erfolgen müssen.
Eine weitere Neuerung ist, dass bei „Arbeit auf Abruf“ die über die Mindestarbeitszeit hinaus abrufbare Arbeit auf 25 % der Mindestarbeitszeit begrenzt ist. Zu weitergehender Arbeitsleistung sind die Arbeitnehmer nicht verpflichtet. Allerdings werden Arbeitnehmer meist auch bereit sein, bei Bedarf im Einzelfall noch darüber hinaus Arbeitszeit zu erbringen, um ein höheres Entgelt zu erzielen. Sollte stattdessen eine maximale Stundenzahl vereinbart worden sein, darf sie um höchstens 20 % unterschritten werden.
Nach wie vor gilt, dass bei „Arbeit auf Abruf“ eine Verpflichtung zur Arbeitsleistung nur besteht, wenn die Einsatzzeit mindestens vier Tage im Voraus mitgeteilt wurde.
Und noch eine weitere Gesetzesänderung betrifft die gering verdienenden Teilzeitkräfte:
Noch gilt von EUR 450,01 bis EUR 800,00 brutto die „Gleitzone“, in der Sozialversicherungspflicht besteht, der Arbeitnehmer aber noch nicht mit den vollen Arbeitnehmerbeiträgen belastet wird. Er hat aber die Möglichkeit, den reduzierten Rentenbeitrag selbst aufzustocken, um ungekürzte Rentenansprüche zu erwerben. Ab 01.07.2019 gibt es keine „Gleitzone“ mehr, sondern einen „Übergangsbereich“, der von EUR 450,01 bis EUR 1.300,00 reicht. In diesem Bereich nähern sich die Arbeitnehmerbeiträge Schritt für Schritt dem vollen Beitrag. Das führt dazu, dass Arbeitnehmer mit z.B. EUR 1.000,00 brutto zukünftig ein höheres Nettoentgelt haben als bisher. Besonders erfreulich ist für die Arbeitnehmer, dass sie nun nicht mehr den Rentenbeitrag aufstocken müssen, um Nachteile zu vermeiden. Eine solche Aufstockung gibt es nicht mehr, vielmehr werden die Arbeitnehmer trotz reduzierter Beiträge rentenrechtlich trotzdem so gestellt, als wäre der volle Beitrag gezahlt worden.