Müller-Hof Newsletter – März 2025
art – AktuelleRechtsTipps
IT-Recht: Neues für Webseiten u.a. – das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz
Am 28.06.2025 tritt das neue „Barrierefreiheitsstärkungsgesetz“ (BFSG) in Kraft.
Relevant wird dieses Gesetz in der Praxis vor allem für Hersteller elektronischer Produkte, aber auch für die Betreiber von Webseiten oder Apps. Diese müssen in der Zukunft barrierefrei gestaltet sein, um auch Menschen mit Einschränkungen die Möglichkeit zu geben, sie zu nutzen. Betroffen sind Unternehmen ab einer gewissen Mindestgröße, Ausnahmen gelten lediglich für Unternehmen mit weniger als zehn Beschäftigten und einem maximalen Jahresumsatz von 2 Millionen Euro. Auch (reine und eindeutige) B2B-Angebote sind ausgenommen.
Nicht ganz eindeutig ist, ob reine „Informationsseiten“ ebenfalls betroffen sind, also etwa Unternehmens-Webseiten, über die abgesehen von einem Kontaktformular o.ä. keine Kommunikation möglich oder vorgesehen ist. Allerdings legt das zugrunde liegende EU-Recht das nahe, so dass vorsorglich zu empfehlen ist, auch solche Seiten auf die Übereinstimmung mit dem BFSG zu überprüfen.
Das Gesetz verpflichtet Hersteller, Importeure, aber auch Händler. Die Einzelheiten ergeben sich aus den Bestimmungen und sind in den Auswirkungen produktspezifisch unterschiedlich. Nach § 11 BFSG muss allerdings ein Händler prüfen, ob das Produkt den gesetzlichen Anforderungen jedenfalls hinsichtlich der Kennzeichnung genügt und die erforderlichen Unterlagen (wie eine deutschsprachige Bedienungsanleitung) vorhanden sind. Ansonsten darf er das Produkt nicht vertreiben. Das bringt Händler in eine unangenehme Situation, wenn sie auch nur „den Grund zu der Annahme“ haben, dass das Produkt nicht den Vorgaben des Gesetzes entspricht. Dann dürfen sie das Produkt nicht verkaufen. Und wenn die Vorgaben tatsächlich nicht eingehalten sind, müssen sie neben dem Lieferanten auch noch die Marktüberwachungsbehörden informieren.
Betroffene Webseiten müssen den Anforderungen der „Web Content Accessibility Guidelines 2.1“ entsprechen. Diese Guidelines sehen als wesentliche Kriterien vor: „wahrnehmbar“, „bedienbar“, „verständlich“ und „robust“.
Gemeint ist damit zum Beispiel, dass Inhalte für jeden Nutzer „wahrnehmbar“ sein sollen. In der Praxis bedeutet das zum Beispiel, dass für Videos auch Untertitel oder Audiodeskriptionen angeboten werden. Auch eine einfache, klare Menüführung, die Möglichkeit die Schrift entsprechend anzupassen und die Lesbarkeit erleichternde Kontraste gehören hierzu.
Mit „bedienbar“ ist gemeint, dass Inhalte zum Beispiel ausschließlich mit der Tastatur zugänglich sein sollen und hinsichtlich vieler weiterer Einzelheiten eine leichte Bedienbarkeit sichergestellt ist.
„Verständlichkeit“ zielt darauf ab, dass Inhalte so gehalten sind, dass der Inhalt gut verständlich ist. Das kann bei komplexeren Inhalten bedeuten, dass diese auch in „leichter Sprache“ zugänglich gemacht werden.
„Robust“ bedeutet, dass die Webseite mit gängigen unterstützenden Technologien (also etwa Programmen, die den Bildschirminhalt vorlesen können) kompatibel sein soll.
Neben der Ausnahmeregelung für Kleinunternehmen soll das Gesetz nicht gelten, wenn für die Umsetzung eine „grundlegende Veränderung der Wesensmerkmale“ eines Produkts erforderlich wäre oder die Umsetzung zu einer „unverhältnismäßigen Belastung“ führen würde. Solche Ausnahmen werden erfahrungsgemäß allerdings relativ strikt gehandhabt.
Ein Verstoß gegen das BFSG kann neben einer Geldbuße unter anderem auch eine Unterlassungsklage etwa eines Verbandes nach sich ziehen. Jedes Unternehmen ist daher gut beraten, die eigenen Produkte und häufig auch die eigene Webseite diesbezüglich auf Anpassungsbedarf hin zu überprüfen.