Müller-Hof Newsletter – September 2024

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Wohnungseigentumsrecht: Neues nach der Reform: Prozesskosten und Delegation an Verwalter

Zum 01.01.2020 fand eine Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) statt. In zwei neuen Entscheidungen hat sich der Bundesgerichtshof mit Auswirkungen der Gesetzesänderungen befasst:

Nach der früheren Regelung (§ 16 Abs. 8 WEG a.F.) waren die Kosten einer erfolgreichen Beschlussanfechtungsklage auf die übrigen Wohnungseigentümer zu verteilen mit Ausnahme des Klägers und in deren Einzelabrechnungen einzustellen. Seit dem 01.01.2020 gilt nunmehr die WEG als Beklagte ist, weshalb die Prozesskosten (Anwalt der WEG und ggf. Gerichts- und Sachverständigenkosten) auf alle Eigentümer – einschließlich dem Kläger – aufgeteilt werden müssen (§ 16 Abs. 2 Satz 1 WEG). Die Aufteilung erfolgt nach Miteigentumsanteilen. Der Bundesgerichtshof hat dies in seinem Urteil vom 19.07.2024 (V ZR 139/23) nun noch einmal bestätigt.

Der Eigentümer, der seine Anfechtungsklage gewonnen hat, wird dadurch in Höhe seines Miteigentumsanteils an den Prozesskosten beteiligt. Er kann aber auf eine Beschlussfassung gem. § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG hinwirken. Denn danach können die Eigentümer mit einfacher Mehrheit eine abweichende Kostenverteilung beschließen, z.B. die Übernahme der Prozesskosten durch die Eigentümer mit Ausnahme des Klägers. Findet sich die notwendige Mehrheit, so wird der Kläger von den Kosten befreit. Allerdings besteht kein Zwang, einen entsprechenden Beschluss zu fassen. Entscheidet sich die Mehrheit der Eigentümer gegen eine abweichende Kostenregelung, verbleibt es bei der gesetzlichen Verteilung und der Kläger muss die Prozesskosten trotz gewonnenen Prozesses anteilig mitbezahlen.

Außerdem haben seit der Reform die Wohnungseigentümer die Kompetenz, Entscheidungen über die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums an den Hausverwalter zu delegieren (§ 27 Abs. 2 WEG). Der Bundesgerichtshof musste sich erstmals in seiner Entscheidung vom 05.07.2024 (V ZR 241/23) mit der Frage auseinandersetzen, wie ein solcher Beschluss gestaltet sein muss und wo die Grenzen der Delegation an den Verwalter liegen.

Im Jahr 2021 beschlossen die Wohnungseigentümer, dass die Fenster ihres Anwesens erneuert werden sollen. Der Verwalter wurde ermächtigt, den Fensteraustausch in den folgenden Jahren nach Dringlichkeit unter Beibehaltung der bisherigen Optik und mit einem jährlichen Ausgabenbudget von EUR 35.000 vorzunehmen sowie vorab jeweils drei Angebote einzuholen. Der BGH bestätigte die Wirksamkeit des Beschlusses. Er ist weder zu unbestimmt, noch ist die Delegationskompetenz überschritten. Durch das neue Recht wurde diese Kompetenz ausdrücklich erweitert, um die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft zu stärken. Der Gesetzgeber hat in § 27 Abs. 2 WEG keine inhaltlichen Einschränkungen vorgenommen.

Bezüglich der Bestimmtheit hat der BGH klargestellt, dass nicht alle Entscheidungskriterien in dem Beschluss vorgegeben werden müssen. Der Verwalter kann nach pflichtgemäßem Ermessen selbst entscheiden. Der Delegationsbeschluss unterliegt daher nur der Überprüfung auf ordnungsmäßige Verwaltung (§ 19 Abs. 1 WEG).

Demnach muss dem Verwalter in dem Beschluss nicht jede Einzelheit für die Umsetzung vorgegeben werden. Er kann nach pflichtgemäßem Ermessen handeln, z.B. aktuelle Vergleichsangebote einholen. Ausreichen dürfte bereits ein Grundlagenbeschluss (Bezeichnung der Instandsetzungsmaßnahme) nebst Kostenrahmen und Finanzierung, auch wenn es um größere Erhaltungsmaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum geht.

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